16. Guatemala 12.03-21.03

16. Guatemala 12.03-21.03

Die Einreise nach Guatemala verlief problemlos, sogar der Inhalt von Flizz interessierte hier niemanden. Bei der Einreise nach Belize hat sich der Grenzbeamte noch sein Mittagsmenu aus den «verbotenen» Lebensmittel, welche wir dabeihatten, zusammengestellt.
Doch zu früh gefreut, schon wenige Meter nach der Grenze wurden wir zum ersten Mal angehalten. Ein dubioser Mann in offiziell aussehender Kleidung wollte irgendeine Gebühr für die Überquerung der Brücke. Gleichzeitig fuhren links und rechts die Einheimischen an unserem Auto vorbei ohne etwas zu löhnen. Nach kurzem Hin und Her drückten wir ihm ein paar zerquetsche Quetzales in die Hand und fuhren weiter in Richtung Flores. Die lieben Estländer, welche mit uns die Grenze überquerten, kamen mal wieder gratis durch. Sie redeten einfach auf estländisch auf den Beamten ein bis es ihm zu bunt wurde. Hier können wir noch ordentlich etwas von den beiden lernen, bei uns sickert leider immer noch die schweizerische Korrektheit durch…

Erster Anlaufpunkt war Flores, eine grössere Stadt wenige Kilometer nach der Grenze. Sogleich fuhren wir zum Hostel in welchem Patrick’s Schwester Tabea auf uns wartete. Schon wenige Sekunden nach dem parken reckte sich ein Kopf über das Balkongeländer und einen Augenblick später stand Tabea auf der Strasse unten. Welch freudiges Wiedersehen nach beinahe zehn Monaten!

Da der Platz im Bus nun natürlich rar wird, mussten wir uns noch von den beiden Backpackerinnen, welche wir über die Grenze mitnahmen, verabschieden. Nach einem lang ersehnten Willkommensbier zu Dritt, war es an der Zeit Flores genauer anzuschauen. Dies ist eine Halbinsel welche sich zu 99% dem Tourismus verschrieben hat, eine unglaubliche Auswahl an Restaurants, Hostels und Tourenanbietern hat sich hier niedergelassen. Kurz vor Sonnenuntergang unternahmen wir noch einen kurzen Spaziergang zu einem Aussichtsturm auf der gegenüberliegenden Insel. Von hier hat man eine wunderbare Aussicht auf das Dörfchen Flores.

Ein langer Abend wurde es jedoch nicht, da am nächsten Morgen um halb vier der Wecker klingelte. Ziel war es die Tikal Ruinen bei aufgehender Sonne zu erwischen. Zum einen da es wunderschön sein muss, zum anderen sind die Temperaturen gegen Mittag einfach unerträglich….
So standen wir als erstes vor der Schranke an der Einfahrt des Nationalparkes. Zum Sonnenaufgang reichte es dennoch nicht, da sich die Anlage extrem ausdehnte. Um die zehn Kilometer liefen wir im Gelände herum um die verschiedenen Gemäuer zu bestaunen. Der Tikal ist wirklich wunderschön in den dichten Dschungel eingebettet. Jedoch müssen Nadine und Patrick zugeben wohl etwas «Ruinen-Müde» geworden zu sein, verständlich nach der siebten Ruine auf der Reise.

So fuhren wir kurz vor Mittag los Richtung Süden um an den Rio Dulce zu kommen. Hier konnten wir uns auf dem sehr schicken Yachthafen einquartieren. Aus ästhetischen Gründen war dort jedoch kein Zelt erlaubt. So verbrachte Tabea zwei Nächte im Führerhaus des Mercedes Busses der Estländer. Dank dem sintflutartigen Regen wohl auch die bessere Option als das Zelt.
Der Rio Dulce ist der Abfluss des Lago Izabel und gilt als eines der sichersten Gewässer um die Hurrikan Saison abzuwarten. Entsprechend gibt es viele Marinas wo vor allem Nordamerikaner ihre Schiffe einlagern.
Den Rio Dulce haben wir mit einer Bootstour bis zur isolierten Siedlung Livingston an der karibischen Küste durchquert. Sehr spannend, wenn man hier durch Mangrovenwälder fährt und immer wieder auf äusserst primitive Hütten im Dickicht stösst, wo Eingeborene von der Fischerei und Souvenirverkäufen leben. Dank des Tourismus haben sich am Rio Dulce auch ein paar, nur per Boot erreichbare Hostels niedergelassen, falls man mal etwas Abgeschiedenheit und Ruhe sucht sicher sehr empfehlenswert.
Dennoch wären die spannendsten Bewohner des Gewässers wären wohl die Seekühe gewesen, diese seien aber leider sehr schwer zu finden.

Zurück an Land schmiedeten wir die Pläne für den nächsten Tag. Eigentlich wollten wir das wunderschöne Semuc Champey, ein Fluss mit natürlichen Pools, in den Bergen besuchen. Die schlechte Wettervorhersage und die Aussicht auf etwa acht Stunden Fahrt über schlammige, mit Löchern übersäten Schotterpisten brachten uns jedoch davon ab. So entschieden wir uns schweren Herzens bereits Richtung Hochland von Guatemala aufzubrechen, jedoch mit der Vorfreude auf kühlere Temperaturen. Noch schwerer fiel jedoch der Abschied von Meriliis und Hannes, welche uns beinahe drei Wochen begleitet hatten. Sie wollten noch einen Abstecher zu den Copan Ruinen in Honduras machen und irgendwo in Guatemala noch zwei Wochen Sprachschule einschieben.

Der Weg ins Hochland nach Antigua gestaltete sich jedoch als sehr unangenehm, zwei Fahrtage 310 Kilometer und insgesamt 12 Stunden unterwegs. Unzählige Chiquita, Dole und Del Monte Kühllastwagen welche die Berge rauf kriechen, überall Baustellen und keine Überhohlmöglichkeiten. Es war definitiv die ermüdendste Strecke welche wir bis anhin gefahren sind, mit der Krönung der Durchquerung von Guatemala City zum Schluss. Einziger Lichtblick war der Halt bei der Cabaña Suiza, wo wir uns mit Rösti verwöhnen liessen. Immer wieder schön ein kleines Stück Heimat am anderen Ende der Welt anzutreffen.

In Antigua quartierte sich Tabea mit ihrem Zelt im Garten eines Hostels ein, während wir auf dem videoüberwachten Parkplatz vor dem Eingang übernachteten. «Alles absolut sicher hier» beteuerte die Rezeptionistin hinter der Theke. Also gingen wir erst einmal die Strassen der Kolonialstadt zu erkunden. Immer etwa dasselbe in all den Kolonialstädtchen: bunte Häuser, hübsche Cafes, gesunde Restaurants, Kunstgalerien und über dem Ganzen hängt immer ein Hauch von hipp, vegan und organic. Patrick würde jetzt bös gesagt behaupten, hast du eine gesehen, hast du alle gesehen…
Um uns noch einen Überblick über die Stadt zu verschaffen bestiegen wir einen nahen Aussichtspunkt, bei welchem man die wunderbare Lage von Antigua, eingebettet in Vulkane, richtig gut sehen kann.

Kurz nach dem Eindämmern zurück im Hostel waren Tabea und Patrick beim Bus, als plötzlich ein unglaublich lautes Geschrei und Hilfe Rufe nur wenige Meter daneben zu hören waren. Aus dem Bus gesprungen, sahen wir wie ein Jugendlicher mit gezückter Pistole versuchte eine Touristin auszurauben. Doch als sie die Handtasche nicht rausrückte und ihr Partner vor sie stand, liess der Gauner ab und sprang zu seinem Kumpel auf das laufende Motorrad. Bis wir überhaupt begriffen was hier los war, düsten die beiden bereits davon. Mit einem Glas Wasser im Hostel konnte sich die Frau dann langsam beruhigen und sich von ihrem Schock erholen. Der hilfsbereite Rezeptionist hat umgehend die Polizei verständigt. Da sich die Überfalls-Opfer aber umgehend in ihr Hotel zurückziehen wollten, hat sich Tabea mit ihren einigermassen ausreichenden Spanischkenntnissen angeboten, als Zeugin den Überfall der Polizei zu schildern, sobald diese eintreffen werden. Leider haben es sich die guatemaltekischen Ordnungshüter dann aber doch anders überlegt und sind schliesslich gar nicht mehr beim Hostel aufgetaucht.
Naja, da sieht man wie schnell es gehen kann und dass wir von Glück reden können, dass die Gauner Patrick nicht sahen, welcher mit offener Autotür und Laptop auf der Schoss im Auto arbeitete. Wir haben uns ja bis anhin nie unsicher gefühlt, aber genau das birgt wohl auch die Gefahr, dass man mit der Zeit etwas leichtfertig wird.

Bei all den Vulkanen in Guatemala müssen wir natürlich auch noch einen besteigen. Wir entschieden uns für den 3’976 Meter hohen Acatenango. Vielfach wird der inklusive einer Übernachtung mit einer Tour von Antigua aus bestiegen. Da wir jedoch den Anbietern nicht so viel Geld in den Rachen werfen wollten, fuhren wir einfach mal zum Startpunkt der Wanderung auf 2400 Meter. Hier fanden wir sofort einen lokalen Bauern, welcher uns für einen Bruchteil des Geldes auf den Berg führte. Um das Gewicht der ganze Zelt Ausrüstung einzusparen entschieden wir uns die Wanderung um Mitternacht zu beginnen, um dann kurz vor Sonnenaufgang den Gipfel zu erreichen.
So quälten wir uns nach wenigen Stunden Schlaf aus dem Bett und trotteten unserem Guide im Lichtkegel der Stirnlampe hinterher. Es war ein wirklich harter Aufstieg und die Höhenluft war merklich spürbar. Dann, kurz vor dem Erklimmen des Gipfels, kamen extreme Windböen auf und der Guide hatte bereits angekündigt, dass wir umkehren müssten, falls der Wind nicht nachlassen wird. Zum Glück waren uns dann die wettertechnischen Bedingungen immerhin einigermassen wohlgewollt, trotzdem lagen die Nerven etwas blank und ohne Patricks motivierenden Worte wären wir drei wahrscheinlich nicht oben angekommen. Denn wenige Höhenmeter unter dem Gipfel waren Nadine und Tabea kurz davor wieder umzukehren. Nadine kämpfte mit der dünnen Luft und Tabea mit panischer Angst vor dem steilen Vulkankegel-Abgrund im Dunkeln. Dennoch gab glücklicherweise niemand auf und wir erreichten den Wind gepeitschten Gipfel gerade noch rechtzeitig zum spektakulären Sonnenaufgang. So einsam die Wanderung war, so gerammelt voll war es jetzt auf dem Gipfel. Bestimmt um die hundert Leute waren anwesend, welche beinahe alle die Wanderung mit Übernachtung machten. Die Aussicht war aber auch atemberaubend: unzählige Vulkane, der Lago Atitlan zu Füssen und natürlich der aktive Vulkan Fuego gleich nebenan. Diese Ansicht war schon einmalig, wenn der Fuego nach donnerndem Grollen Lava und Asche meterweit aus dem Kegel spukte. Nach einer Stunde hatte unser Guide dann aber genug und forderte uns nett, aber bestimmt auf, den Heimweg anzutreten. Nach insgesamt gut 10 Stunden wandern waren wir todkaputt zurück bei Flizz. Äusserst anstrengend, aber wohl ein «Must See» ist dieser wunderbare Acatenango. Eine der besten, wenn nicht die beste Wanderung auf der bisherigen Reise!

Obwohl alle nach dieser zehnstündigen Wanderung sehr erschöpft waren, traten wir noch die Weiterfahrt nach Panajachel, dem bekanntesten Ort am Lago Atitlan, an. An diesem spektakulären See hatte Tabea zwei Wochen lang die spanische Schulbank gedrückt, bevor sie uns nach Flores entgegenreiste.
In Panajachel hatten wir direkt am See einen schönen Camping ausgemacht. Zum Glück freuten wir uns so auf eine Dusche, dass wir den überteuerten Preis von 28 USD für eine Nacht auf dem Camping hinblätterten. Soviel hat man nicht mal in der USA oder Kanada bezahlt, aber wie wir in den nächsten Tagen noch feststellen werden, wird man an diesem See als Tourist gerupft wie eine Weihnachtsgans.

Mit schweren Beinen entschieden wir uns am nächsten Morgen den Weg vom Camping zum Bootanlegestelle mit dem TukTuk zurückzulegen. Für die Fahrt von etwa einem Kilometer wollte der Herr umgerechnet beinahe 5 USD. Für das Geld sind wir in Mexiko 20 Minuten in die Stadt gefahren, in einem richtigen Auto und nicht auf diesem klapprigen, röhrendem Tuktuk. Als wir ihn dann konfrontierten, dass das wohl ein Witz sei, wollte er schon die Politesse welche in der Nähe stand mit einbeziehen. Da diese aber wohl mitverdient und den Taxifahrer noch unterstützen würden haben wir dann das Geld rausgerückt. Definitiv das letzte Mal TukTuk Luxus für uns!

War der Ärger verdaut, stiegen wir in das Boot Richtung San Pedro de Laguna. Natürlich zahlt man als Gringo in etwa den zweieinhalbfachen Preis gegenüber der indigenen Bevölkerung. Klar sind es nur ein paar wenige USD, aber seit Mexiko ist es irgendwie Tradition, dass man als Tourist/Ausländer für Eintritte (Ruinen/Nationalparks), öffentliche Verkehrsmittel oder «Maut» Gebühren ein vielfaches der Einheimischen bezahlt.
Verständlicherweise ist auch ein grosser Einkommensunterschied da, jedoch kämpfen doch genau solche Urvölker wie die Indigenen hier in Guatemala, oder die Natives in der USA für Gleichberechtigung und Chancengleichheit. Vorleben ist aber wohl nicht so ihre Stärke. Wasser predigen, Wein trinken.

Zurück zum Thema, am Zielort unserer Bootsfahrt in San Pedro de Laguna haben sich etwa 20 verschiedene Sprachschulen eingenistet und es entstand eine hippie Oase mit Cafés, veganen Restaurants und bunten Kleiderläden, in denen wir niemals etwas kaufen würden. Zusätzlich hing eine Dunstwolke von Marihuana in der Luft und in San Pedro hängengebliebene verkauften ihre Handwerkkunst auf der Strasse. Ganz interessant sich das einen Nachmittag lang anzuschauen, aber mehr muss dann wohl auch nicht sein.
Für die ganz Verrückten gäbe es noch ein weiteres Dorf San Marcos de Laguna. Das muss wohl San Pedro de Laguna um ein x-faches multipliziert sein. Tabea war mal da, wir beide liessen es aber aus.
Dennoch war es ein toller Ausflug auf dem Lago Atitlan und wohl ein Muss wenn man in Guatemala als Tourist unterwegs ist. Es ist auf jeden Fall ein bezaubernder See und ist einmalig in die wunderschöne Vulkanlandschaft eingebettet.

Am nächsten Morgen fuhren wir bevor es Richtung Grenze ging, noch kurz nach Panajachel rein, um unsere Wäsche abzuholen. Am Dorfeingang wieder ein Wegelagerer, welcher irgendeine dubiose Gebühr verlangt, um in die Stadt zu kommen. Naja, wir haben ja keine Wahl und unsere halbe Wäsche hier lassen ist auch keine Option. Der Rest des Tages ging für die Fahrt bis kurz vor der Grenze drauf, hier übernachteten wir nochmals in einem Hotel, um morgen früh die Grenze zu überqueren. Hotel bedeutet meistens Nadine und Tabea im schönen Hotelzimmer, während Patrick jeweils den Wachhund im Auto spielt.

Die Grenze war dann ziemlich übel, so viele Helfer, Geldwechsler etc. hatten wir bis anhin noch nie gehabt. Es kann gut sein, dass beinahe zehn Nasen um das Auto herumschwirren und dir beim Grenzwechsel helfen wollen. Einmal «Nein» wird natürlich nicht akzeptiert und es wird immer wieder nachgefragt. Ständig wird am Preis gefeilscht und wenn man die Scheiben offen hat, sprangen die uns jeweils beinahe in die Hütte. Einmal nein, Fenster rauflassen und ignorieren funktioniert hier aber super. Irgendwann ist man alle los und kann zum eigentlichen Papierkrieg übergehen.

Insgesamt zehn Tage verbrachen wir in Guatemala und sind gespaltener Meinung. Die Natur hat uns hier super gefallen, die Vulkane, Seen sind einfach wunderbar. Die Leute haben uns aber in anderen Ländern definitiv mehr entsprochen, ist aber wohl auch nicht objektiv, da wir beinahe ausschliesslich mit im Tourismus eingebundenen Personen zu tun hatten. Von denen fühlten wir uns vielfach eher wie eine wandelnde Brieftasche behandelt…

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