28. Chile Carretera Austral 27.12-12.01

28. Chile Carretera Austral 27.12-12.01

Nach unserem «Weihnachtsurlaub» ging es erstmal nur wenig weiter südlich an einen kleinen See, um uns wieder ans Nomadenleben zu gewöhnen. Trotz wunderbar warmem Wetter getrauten wir uns beide nicht ins kühle Nass, ganz im Gegenteil zu den anwesenden Chilenen.

Am nächsten Morgen, begrüsste Patrick Nadine mit einem Geburtstags Cappuccino. Nur das Wetter wollte nicht so richtig, grau, nass und verhangen. Perfekt für einen letzten Grosseinkauf um am Nachmittag definitiv den Weg Richtung Ruta 7, der Carretera Austral anzutreten.
Bevor wir jedoch in die Welt der Fjorde eintauchten, fuhren wir noch am Ufer des Lago Llanquihue entlang. Hinter dem See würde eigentlich der Osorno Vulkan thronen, doch heute werden wir den leider kaum zu Gesicht bekommen. Dafür gab es, Nadines Geburtstagswunsch entsprechend, ein zartes Lachsfilet und eine Crème Brûlée im deutschen Restaurant. Wenn das keine Wiedergutmachung für das Wetter ist.

Da wir bereits genügend Lebensmittel für einige Tage gebunkert hatten, entschieden wir uns Puerto Mott auszulassen und östlich des Lago Llanquihue direkt Richtung Fjord zu fahren. So konnten wir uns die erste Fähre sparen und die Route stellte sich trotz Nebel, Sturmböen und Regen als sehr schön heraus. Unglaublich welche Wassermassen hier die Täler runtergeschossen kamen, da kann man verstehen wieso die Carretera Austral weiter südlich wegen eines Erdrutschs gesperrt war.

Nach fünf Stunden Rüttelpiste dem Fjord entlang kamen wir dann endlich in Hornopiren an, von hier gilt es eine dreistündige Fähre zu nehmen. Zum Glück war für die Fahrt am nächsten Morgen noch Platz und wir konnten im Büro gleich eine Reservierung vornehmen.

Für die Nacht fanden wir dann ein Traumplätzchen etwas ausserhalb des Dorfes, sogar die Sonne liess sich seit längerem wieder einmal ein wenig blicken. Dazu kamen später noch Delfine, Seelöwen und ein gestrandeter, verletzter Pinguin, welcher Nadine mit einer Büchse Thunfisch aufpäppelte. So muss das sein, was für ein perfekter erster Abend auf der Carretera Austral.
Gemütlich sassen wir dank den langen Tage noch bis beinahe zehn Uhr draussen und gingen danach zu Bett. Wir staunten nicht schlecht, als wenig später unsere deutschen Nachbarn im Mietcamper zu später Stunde nochmals umparkierten. Als dann Nadine kurz vor dem Einschlafen noch einen letzten Toilettengang unternahm, aus dem Bus direkt ins Wasser sprang, wurde uns klar, dass die Nachbarn wohl vor der kommenden Flut flohen.
Nach so langer Zeit in der Seen Region haben wir wohl die Tide vollkommen vergessen, doch gerade in den Fjorden hier herrscht ein bis zu sechs Meter hoher Tidenhub.
Zum Glück haben wir eine hiesige SIM Karte und fanden schnell heraus dass in wenigen Minuten der Höchststand erreicht ist. So konnten wir uns ein umparkieren ersparen und schliefen beruhigt ein.

Am nächsten Morgen kurz vor elf legten wir in Hornopiren ab und fuhren durch einen schönen Fjord südwärts. Unglaublich an wie vielen Fischfarmen wir hier vorbeikamen, kaum eine Ecke bleibt für die Fischzucht unbenutzt.

Nach einer weiteren kurzen Fahrt gelangt man dann endlich zur ersten grossen Attraktion der Route. Der Pumalin Park wurde von US Millionär Douglas Tompkins, dem Inhaber der Outdoor Marke North Face sowie Esprit gegründet. Er verstarb im Dezember 2015 an Unterkühlung nach einem Kanu Unfall.
Ein Grossteil des Schutzgebietes umfasst gemässigten Regenwald, wir fühlten uns ein bisschen an die Nordostküste der USA oder auf Vancouver Island zurückgesetzt. Desweitern gehört der Vulkan Chaiten dazu, welcher 2008 einen Grossteil des weltweiten Flugverkehrs lahmlegte und die gleichnamige Stadt in Schutt und Asche legte.

Bevor wir das alles erkunden konnten, wollte Flizz aber wieder ein bisschen Zuwendung. Ein komisches Poltern am rechten Vorderrad und ein immerwährender Zug nach rechts machten uns seit kurzem Bauchschmerzen. Schon nach wenigen Augenblicken als das Rad weg war, wurde uns klar, dass wohl die Schraube der Sturz Einstellung des rechten Rades nicht ordentlich angezogen wurde und das Rad somit immer in der maximalen Schrägstellung fuhr. Nach dem richtigen Einstellen, anziehen der Schraube und einer kurzen Testfahrt war alles wieder in Ordnung. Zum Glück nur eine Kleinigkeit.

Am nächsten Morgen lachte uns dann die Sonne an, dass wollten wir natürlich ausnützen und standen bereits um halb zehn am Krater des Chaiten Vulkanes. Hier hat sich beim Ausbruch 2008 ein weiterer Vulkankegel gebildet, welcher immer noch bedrohlich aus allen Ecken und Enden rauchte. Die Aussicht in die andere Richtung mit Wald, Meer und wenn wir recht haben sogar auf die Hügelkette der Chiloé Halbinsel ist natürlich auch imposant.

Im wieder aufgebauten Chaiten, in welches bereits 700 der einstigen 3300 Bewohner zurückgekehrt sind, kümmerten wir uns erstmal um ein Fährticket. Schon wieder eine Fähre, ja, die Carretera Austral und das Dorf Villa Santa Lucia 80 Kilometer weiter südlich wurde vor wenigen Tagen von einer riesigen Schlammlawine verschüttet. Der chilenische Staat hat jedoch eine temporäre, kostenlose Fähre zur Verfügung gestellt, welche den Unglücksort umschifft.
Die 20 Personen welche bereits vor der Türe der Reederei anstanden und die ausgebuchte Fahrt heute Abend liess uns hoffen, dass wir morgen Abend einen Platz ergattern können. So war es dann auch, und es blieb uns somit noch ein ganzer Tag um den Südteil des Pumalin Parks zu erkunden.

Erstmal hiess es jedoch Silvesterabend, nun gut, um Mitternacht keine Menschenseele auf der Strasse, kein Feuerwerk und niemand der lauthals jede Sekunde des alten Jahres zurückzählt. So ruhig war unser Silvester noch nie… Im Halbschlaf wünschten wir uns ein gutes Neues und drehten uns wieder um.

Am nächsten Morgen nutzten wir die kurze regenfreie Zeit, fuhren ein bisschen durch den südlichen Teil des Parks und unternahmen einen kurzen Spaziergang. Unglaublich wie still es hier trotz «Hochsaison» ist. Gerade mal ein anderes Fahrzeug hatten wir im Park angetroffen. Allgemein wirkt alles sehr verlassen, Campingplatz leer, Park Information am Eingang unbemannt, nun gut, uns soll es recht sein.

Kurz vor Mittag waren wir wieder zurück im verschlafenen Chaiten und wollten nochmals einige Frischwaren aufstocken. Schnell merkten wir jedoch, dass die ganzen Tante Emma Läden heute wohl den Feiertag geniessen.
So zogen wir uns an den Strand zurück und verbrachten den regnerischen Nachmittag mit Film und Popcorn im Bett, bis wir kurz vor 21 Uhr die Fähre bordeten. Hier wurde uns wieder vor Augen geführt wie wunderbar so ein Campervan ist. Flizz parkiert, am Deck festgezurrt, Vorhänge zu, Bett ausbreiten und bis zur Ankunft am nächsten Morgen durchschlafen. Natürlich darf die Standheizung nicht fehlen, damit man ja keine kalten Füsse bekommt. Als Rucksack oder Veloreisender legt man sich mit Sack und Pack irgendwo kreuz und quer in den Aufenthaltsraum der Fähre und versucht ein paar Minuten Schlaf zu bekommen.

In den frühen Morgenstunden kamen wir im verschlafenen Fischdörfchen Puerto Raul Marin an und legten uns an Land nochmals kurz aufs Ohr. Kurz… gegen Mittag erwachten wir beide wieder, aber bei dem grauen regnerischen Wetter verpassten man auch nicht wirklich viel.
Via 60 Kilometer Schotterstrasse ging es zurück, auf die eigentliche Carretera Austral, wo wir in Junta nochmals versuchten unseren Früchtevorrat aufzustocken. Eine handvoll schwarze Bananen war alles, was wir finden konnten. Nun gut, wir werden in wenigen Tagen in Coyhaique wieder ziemlich alle Lebensmittel kaufen können. Wir denken uns aber immer wieder, wie es sein muss, auf Dauer an all den schwer zugänglichen Orten mit «schlechter» Frischwarenversorgung zu leben. Als Schweizer mit Coop oder Migros an jeder Ecke kann man sich das wohl kaum vorstellen.

Nach einer Übernachtung am nahen See ging es am nächsten Morgen vorerst auf wunderschöner Asphaltstrasse weiter, doch die Freude währte nur kurz und die nächste Passage Schlagloch Slalom stand an. Irgendwann erreichten wir die kleine Siedlung Puyuhuapi und mussten hier schon wieder eine Fähre in Anspruch nehmen, um eine Baustelle zu umschiffen.

Wieder auf festem Boden erreicht man dann ein weiteres Highlight, der grösste Hängegletscher der Welt, den Ventisquero Colgante. Da wir am nächsten Tag auf besseres Wetter hofften, liessen wir uns am nahen Fjordufer nieder und verbrachten die Zeit mit der Beobachtung von Delfinen und Seelöwen. Auf den Abend hin riss sogar die Wolkendecke nochmals ordentlich auf und wir konnten mal wieder ein paar Sonnenstrahlen einfangen. Mit der Drohne checkte Patrick noch kurz, ob man den Gletscher sehen könnte, so hätten wir wenigstens ein Bild aus grosser Entfernung, falls er morgen wieder komplett in Nebel gehüllt sein würde.

Trotz nicht allzu gutem Wetter unternahmen wir am nächsten Tag die zweistündige Wanderung zum Aussichtspunkt auf den Gletscher. Auf Grund des Regens in den letzten Tagen war der Wanderweg eher eine Mischung aus Matschpiste und Bachbett. Am Aussichtspunkt angekommen, war die Sicht nicht wirklich perfekt aber dennoch sehr imposant. Sogar einen kleinen Unterstand gibt es hier, um am Trockenen auf besseres Wetter warten zu können.
Klatschnass kamen wir bei Flizz an und funktionierten ihn mit Hilfe von ein paar Seilen in einen Trockenraum um. Mit Heizung und Gebläse auf der höchsten Stufe fuhren wir weiter, bis wir nach einer holprigen, kurvigen Passstrasse wieder auf eine perfekte Asphaltstrasse und kurze Zeit später auch noch auf besseres Wetter trafen. Am Schlafplatz angekommen, zeigte sich Patagonien wieder einmal von seiner schönsten Seite, inklusive Regenbogen.

Eigentlich wollten wir am nächsten Morgen ins Zentrum der Region Coyhaique fahren, um eine Tankstellendusche zu geniessen und im einzigen «ordentlichen» Supermarkt der Carretera Austral einen Grosseinkauf zu machen. Doch dann fand Nadine in unserer iOverlander Reise App einen Campingplatz mit ausgezeichneten Bewertungen, so entschieden wir, eine Nacht dort zu verbringen.
Der Inhaber des Campingplatzes war wirklich der Hammer, Lehrstunden zur richtigen Zubereitung des Mate Tees und für Nadine eine Führung durch seinen Bio-Gemüsegarten. Mit vielen neuen Tipps für den Südteil der Carretera Austral verliessen wir am nächsten Morgen den Campingplatz und wandelten in Coyhaique ganze 200 Franken in Lebensmittel um. Soviel hatten wir auf der Reise noch nie eingekauft, eine ganze Bananenschachtel voll Gemüse, einen riesen Karton Milch und kiloweise Kaffeepulver. Die Apokalypse kann kommen…

Auf immer noch wunderbarer Asphaltstrasse ging es durch den Cerro Castillo Nationalpark Richtung Lago General Carrera, dem grössten See Chiles. Hinter dem Touristendörfchen Villa Cerro Castillo endet dann jedoch der Asphalt für die weiteren 470 Kilometer bis zum Ende der Carretera Austral.

Am Westufer des Sees unternahmen wir die obligate Tour zu den vielbesuchten Marmorhöhlen. Mit kleinen Booten fährt man den von Wasser ausgefressenen Höhlen entlang und kann einige sogar von innen besichtigen. Wunderschön was die Natur hier, durch die Bewegung der Wellen, für Kunstwerke geschaffen hat.
Leider ist eine Tour auf eigene Faust, natürlich mal wieder aus Gründen des Naturschutzes, nicht erlaubt… Patrick konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, als die Boote in den Höhlen an die Marmor Wände knallten und die Schiffsfahne der Decke entlang kratzte. Das hätte Patrick mit seinem SUP Brett definitiv sanfter und «naturfreundlicher» über die Runden bekommen. Wieder einmal ein vorzeige Naturschutzverbot, welches wohl nur die Funktion hat, jedem Besucher eine Tour aufzuzwingen…

Weiter dem See entlang wurde die Natur noch beeindruckender. Weisse Gipfel, grüne Wälder und das unglaublich türkise Wasser. Der See muss sich definitiv nicht vor der Karibik verstecken.

Im Süden bildet der Rio Baker den Abfluss des Sees und er ist der grösste Fluss Chiles. Diesem folgten wir weiter in Richtung Süden, bis wir am Letzten, möglichen Abzweiger über die Anden, dem Paso Roballos, vor der Entscheidung standen, ob wir die letzten 250 Kilometer Sackgasse bis zum Ende der Carretera Austral auch noch unter die Räder nehmen. Nach etwas hin und her wurde Nadine überzeugt…

So fuhren wir erstmal 100 Kilometer nach Süden um dann in Puerto Yungay mit einer Fähre nochmals einen Fjord zu überqueren. Nach weiteren drei Stunden und 100 Kilometern hat man dann endlich Villa O’Higgins und kurz dahinter das Ende der Carretera Austral erreicht.

Velofahrer oder Fussgänger haben hier Glück und können mit einer Fähre nach Candelario übersetzen und gelangen dabei nach El Chaltén in den Los Glaciares Nationalpark, welcher auch unser nächstes Ziel ist. Autofahrer müssen jedoch die nur knapp 100 Kilometer Luftlinie mit etwas über 1000 Kilometern Strasse überwinden. Wieder Richtung Norden auf der Carretera Austral, über den Paso Roballos nach Argentinien und danach ein ganzes Stück auf der uns bereits bekannten Ruta 40 nach Süden.

Immerhin hat man mit dem Paso Roballos nochmals eine wunderbare Strecke durch eine von Guanakos übersäte Hochebene. Zwei problemlose Grenzposten und wir standen nach ca. 1,5 Monaten wieder in Argentinien. Hier stehen jetzt mit dem Fitz Roy, Perito Moreno Gletscher und dem Torres del Paine Nationalpark weitere Highlights an. Dies aber im nächsten Bericht.

Die Carretera Austral hat uns insgesamt super gefallen, definitiv ein Muss einer Chile Reise. Die Highlights für uns waren der Pumalin Park mit der Wanderung zum Vulkan Chaiten aber auch die ganze Region um den See General Carrera.
Desweitern ist es unglaublich, wie viele andere Reisende wir hier auf der Carretera Austral trafen, es vergehen kaum fünf Minuten ohne dass man einen Autostopper oder Velofahrer trifft, wir haben das Gefühl, noch nie auf dieser Reise so viele davon angetroffen zu haben. Daneben gibt es viele Tour Busse, einheimische Touristen oder Anwohner, welche auf der Carretera Austral unterwegs sind. Das Gefühl von Einsamkeit und Abgeschiedenheit kam bei uns auf der Carretera Austral kaum auf, was der grandiosen Natur aber überhaupt keinen Abbruch tut.

2 Gedanken zu „28. Chile Carretera Austral 27.12-12.01

  1. Hoi zäme
    Wir waren wieder mal auf eurer Hompage, super was ihr erlebt und erst die Fotos, .
    Wir sind seit ca. 3 Wochen auf der Baja California, geniessen das warme Wetter und das feine Essen. Bis jetzt gefällt es uns in Mexico. Ausser dem verdammten Saudreck der überall herum liegt. „Gewöhnungssache“ .
    Freuen uns auf alles was noch kommt. Zeit haben wir je genug.
    Wünschen euch trockene, sonnige Tage, bleibt Gesund und kein Blech- oder Motorschaden.
    Gruss Geni & Conny

  2. Hi zäme
    Ja, die Baja ist ein wunderbarer Ort für uns Camper Reisende. Das Müllproblem wird euch wohl durch ganz Lateinamerika begleiten, mal mehr mal weniger…
    Wir sind gerade auf der Valdez Halbinsel angekommen und hoffen noch ein paar Orcas beobachten zu können. In knapp einem Monat verlässt und dann Flizz in Montevideo Richtung Europa.
    Gruss Nadine&Patrick

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