30. Argentinien Atlantikküste 28.01-11.02

30. Argentinien Atlantikküste 28.01-11.02

Zurück auf dem Festland erreichten wir Rio Gallegos und somit den ersten Supermarkt nach dem ganzen Grenzmarathon um wieder alle Vorräte aufzufüllen. Zuerst überlegten wir uns noch, hier die Nacht zu verbringen, aber nach einer übersehenen Bremsschwelle, bei welcher Flizz wohl mit den Beinchen in der Luft war und nur wenige Sekunden später dem vierten Steinschlag auf der Scheibe, entschieden wir uns so schnell wie möglich von hier zu flüchten. Nach weiteren 200 Kilometern durch windige Pampa legten wir dann endlich Rast ein, taktisch perfekt vor dem Eingang des Monte León Nationalparks um am nächsten Morgen die Ersten zu sein.

So standen wir kurz nach neun Uhr im Park und starteten den kurzen Wanderweg zur Hauptattraktion des Parks, einer Pinguin Kolonie. Zum Anfassen nahe nisten die Vögel in den Büschen und eine ganze Stunde konnten wir die wunderbaren Tiere ganz alleine beobachten. Da es momentan schon gegen das Ende der Brützeit geht, sind die Kleinen schon ordentlich gross und beginnen ihr flauschiges Federkleid zu verlieren. Die Pinguine haben wirklich gar keine scheu und knabbern sogar durch die Holzstreben an unseren Schuhen.

An einem weiteren Aussichtspunkt konnten wir noch Seelöwen aus der Ferne beobachten, die Hauptattraktion waren für uns aber definitiv die Magellan Pinguine.

Nach einer Übernachtung in einer schönen Bucht, aus der wir nach einer regnerischen Nacht nur mit Müh und Not den schlammigen Ausweg wieder schafften, stand ein Abstecher ins Landesinnere an.
Konserviert in Vulkanasche haben hier Mineralien Bäume über Millionen von Jahren versteinern lassen. Nach einer ausführlichen, wissenschaftlichen Erklärung der Rangerin begingen wir den kurzen Weg, welcher uns an verschiedenen «Bäumen» vorbeiführte. Interessant wenn man die Sicht über die weite Pampa gleiten lässt, ausser ein paar kleinen Büschchen kaum Vegetation findet und sich dann vorstellt, dass vor Millionen Jahren hier ein Wald mit meterdicken Bäumen stand.

Weiter nördlich gilt es dann zuerst zwei Industriestädte zu durchqueren. Diese kündigten sich schon Kilometer vorher mit Müll an. Wir fühlten uns irgendwie an Perus Küste zurückversetzt, Staub, Sand, Wind, Müll und trist aussehende Häuschen. Nach so langer Zeit im relativ sauberen Chile, dem wenig besiedelten und deshalb wiederum sauberen Patagonien gilt es sich langsam aber sicher wieder daran zu «gewöhnen». Dafür fanden wir hier endlich einmal wieder einen Jumbo Supermarkt, unser Favorit in Argentinien.

Nach weiteren 200 Kilometern auf der Ruta 3 stand der nächste Abstecher an. Hier, am Cabo dos Bahias gibt es nochmals einen gratis Nationalpark mit einer Kolonie Magellan Pinguine. Wiederum konnten wir hier zwei stundenlang mutterseelenallein die Pinguine beobachten. Nach diesen zwei Parks hatten wir so viele Pinguine gesehen, dass wir einen Besuch des touristischen und gebührenpflichtigen Punta Tombo aussen vorliessen. Denn dort leidet alles unter dem Einfluss der Tagestouristen aus der nächsten Stadt Puerto Madryn. Es ist die Anlegestelle für Kreuzfahrtschiffe und Ausgangpunkt für Touren auf die Halbinsel Valdez.

Auch wir steuerten Puerto Madryn an, um kurz aufzutanken und machten uns danach Richtung Halbinsel auf. Am nächsten Morgen bezahlten wir die Eintrittsgebühr und versprachen der Dame, dass wir nur einen Tagesausflug geplant hatten. Eine legale Übernachtung im Camper ist nämlich seit dem der Campingplatz geschlossen wurde ,nicht mehr möglich und um mehrere Tage im Park zu verbleiben müsste man normalerweise die Reservation eines Hotels vorzeigen. Wir wussten aber dank unserer iOverlander Reiseapp, dass es eine Landzunge gibt, an der die Ranger ein Auge zudrücken und man frei übernachten kann.
So begaben wir uns nach dem Besuch des sehenswerten Besucherzentrums über eine ziemlich schlechte Sandstrasse zu unserem Übernachtungsplatz. Ach, da steht schon einer, meinte Patrick, da noch zwei weitere. Hoppla! Plötzlich standen wir mitten in einer Wagenburg, laufende Generatoren, herumrasende Quads und Jetskis, ein Horde Menschen mit Harpunen und Ruten am Fischen, diesen Nationalpark hatten wir uns wohl etwas anders vorgestellt. Wir fühlten uns wie, von der patagonischen Pampa direkt in einen Trailerpark der USA versetzt.
Nach weniger als einer Minute verliessen wir den Ort fluchtartig und fanden ein bisschen entfernt doch noch ein ruhiges Plätzchen am Meer.
Nadine, welche sich unheimlich auf die Halbinsel hier gefreut hatte, war schon den Tränen nahe, irgendwie hatten wir uns das ganz anders vorgestellt.

Dennoch hatten wir den Eintritt bereits bezahlt und müssen wohl das Beste daraus machen. So entschieden wir uns, am nächsten Morgen in aller Frühe zu einem Ort am anderen Ende der Insel zu fahren, in der Hoffnung Orcas beobachten zu können. Mit Fernglas bewaffnet, fanden wir uns auf dem Aussichtspunkt ein, als uns dann der Ranger erzählt, dass die letzte Orca Sichtung beinahe zwei Wochen her war, sahen wir bald ein, dass es trotz einigen Stunden des Ausharrens, wohl ein Sechser im Lotto werden müsste. In der prallen Sonne bei knapp 35 Grad ist die Chance auf einen Sonnenstich wohl wesentlich höher, als dass wir einen Orca zu Gesicht bekommen. Langsam aber sicher stellten wir uns darauf ein, dass die Halbinsel zu dieser Jahreszeit wohl ein Reinfall werden würde.

Okay es gibt eine kleine Pinguin Kolonie und Seelöwen in weiter Ferne zu beobachten, aber all dies findet man an dieser Küste mit wesentlich näheren Tierbegegnungen, weniger Menschen und für Lau.
Zum einen war uns im vorherein klar, dass wir in der falschen Saison hier sind. Die Wale sind bereits weitergezogen und für die Orcas seien wir noch etwas zu früh, diese sind vor allem dann aktiv, wenn die jungen Seelöwen ab März ihre ersten Schwimmversuche unternehmen. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Klar, diese Vorgaben der Natur kann man nicht ändern. Was uns aber wesentlich mehr störte, war das Management um den Park selbst. Irgendwie grotesk, dass dieser Nationalpark im Sommer eher klein Mallorca ähnelt.
Wir wurden mit diesem Nationalpark trotz schweisstreibender Temperaturen überhaupt nicht warm.

Wären wir wohl im frühlingshaften November hier gewesen, mit springenden Walen vor der Bustür und kaum Besuchern, würde wir wohl an dieser Stelle von der Halbinsel schwärmen. Aber im Hochsommer müssen wir das als Reinfall abhaken und hoffentlich einmal zur richtigen Jahreszeit hierhin zurückkehren.

So verliessen wir die Insel ernüchtert nach zwei, statt den geplanten vier, Nächten und kehrten zurück nach Puerto Madryn. Da geschah etwas Einmaliges, Patrick schlug zum ersten Mal vor, ein Hotelzimmer zu nehmen. Nadine schon mit einer Hand an der Bus Apotheke um Patrick zu untersuchen, fand dann schnell heraus, dass es sich wohl nur um einen «Super Bowl Sunday» Fieberschub handelte. So filterten wir auf booking.com schnell nach der Heiligen Dreifaltigkeit, Klimaanlage, Flatscreen TV und Highspeed Internet und buchten uns ein Studio für zwei Nächte.
In der schmucken Unterkunft angekommen, fanden wir dann jedoch Lateinamerika typische keine Klimaanlage, Slowspeed Internet aber immerhin einen kleinen Flatscreen TV vor. Neutral und höflich wie wir Schweizer sind, liessen wir es dabei und nisteten uns für einen «sportlichen» Abend ein.

Nach einem Morgen voller Erledigungen in der Stadt, trafen wir, zurück im Studio, auf unsere Reisegrosseltern, welche sich auch hier einquartierten und verbrachten einen geselligen Abend.

Von hier aus hiess es fahren, viel fahren. Bis nach Uruguay sind es noch beinahe 1‘500 Kilometer. Einen kurzen Abstecher legten wir ein, um in den Sierra de la Ventana Gebirgszug zu gelangen und verbrachten einen gemütlichen Nachmittag im kühlenden Fluss.

Ein weiteres kleines Highlight konnten wir auch noch ausfindig machen. Villa Epecuén, direkt an der Laguna Epecuén, dessen Wasser einen der höchsten Salzgehalte weltweit aufweist.
1985 wurde die Stadt geflutet, als nach einer langen Regenperiode die Lehmdämme brachen und Villa Epecuén aufgegeben werden musste. Seit 2009 zieht sich das Wasser kontinuierlich zurück und gibt immer mehr, der einst versunkenen Stadt preis.
Spannend hier durchzulaufen und auf den Infotafeln mit Bildern vor dem Unglück, das War und Ist zu vergleichen.

Die restlichen 800 Kilometer vergingen dann ziemlich ereignislos, bis wir nach einer letzten Übernachtung auf einer Tankstelle, den Rio Uruguay überquerten um ins gleichnamige Land einzureisen.

Die Atlantikküste hinterlässt bei uns einen zwiespältigen Eindruck, die ganzen Pinguin Kolonien waren wirklich der Hammer und auch die versteinerten Bäume gefielen uns ziemlich gut.
Es ist jedoch auch viel Fahrerei, was normalerweise nicht sehr stört. Jedoch ohne Klimaanlage und mit dem immerwährenden patagonischen Seitenwind ist es ab und an auch ein bisschen «anstrengend». Wir haben aber wohl keine Wahl, wenn wir auf direktem Weg nach Uruguay wollen.

Missen wollen wir die Atlantikküste dennoch nicht und irgendwann wollen wir hierhin zurückkehren, um die Halbinsel Valdez in der richtigen Jahreszeit zu besuchen und eine Tour nach Falkland, Südgeorgien und die Antarktis zu unternehmen.

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